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Wo ich gerade bin und war und sein werde

Das Problem damit, in die Fremde zu gehen, ist, dass die Fremde danach nicht mehr fremd ist.

Teheran

Ich würde euch gerne viel von Teheran erzählen. Aber wenn man dort ist, gibt es nicht viel zu sehen. Weder historische Attraktionen noch Aufstandsromantik. Einfach eine Millionenstadt die vor allem mit dem Verkehr und dem Smog kämpft. Natürlich ist es der Ort im Iran an dem die Menschen am individualisiertesten leben und es ist interessant zu sehen wie in Teheran mit den islamischen Regeln umgegangen wird. Aber dann ist man einfach froh wenn man wieder aus dem Moloch weg kann.

In den Tagen vor Teheran bekam ich langsam aber sicher genug vom Fahrrad fahren. Erst mal genug nachgedacht. Und dann sind die Strassen im Iran aufgrund der Distanzen und der Geographie eher langweilig und vielbefahren. Zusätzlich fing ich mir in Teheran eine Ohrenentzündung ein die mir eine Antibiotikatherapie bescherte. So nahm ich für den Weg nach Qom den Zug. Ab durch die Wüste. Und billig war das: Zweieinhalb Stunden für 40 Dollar-Cent! Da kostete das Wasser das einem gratis gereicht wurde ja mehr.

Qom

Qom ist das religiöse Zentrum des Irans. Hier kommen die religiösen Hardliner her. Und wenn man einem Teherani erzählt, dass man dahin geht, schlägt er die Augen hoch und fragt: “Was willst du dort?” Nun, der Besuch lohnte sich. Erstmal der Schrein der Fatima (einer Schwester von einem der 12 Imame) der wunderschön ist und einem einiges über der Glauben der Schiiten lehrt. Und dann traf ich sehr interessante Menschen dort. Der eine junge Iraner wollte mich davon überzeugen, dass ich glauben soll, egal was, einfach irgendetwas, Hauptsache ich bin auf den Tag des Gerichts vorbereitet. Auch die Gespräche über Beziehungen im Iran waren sehr interessant. Am nächsten Tag traf ich seinen Freund der aus einer sehr religiösen Familie kommt, Atheist ist und seiner Mutter vorspielen muss, dass er den Ramadan einhält. Mehr lange und gute Gespräche.

schreinfatima
Der Schrein in Qom, durch das Eingangstor fotografiert

Kashan

Danach habe ich den Bus nach Kashan genommen. Es geht im Übrigen ganz gut ein Fahrrad mit auf den Bus zu nehmen. Das Gepäckfach eines Durchschnittscars hat genau die richtige Höhe. In der Türkei brauchte es jeweils etwas Überzeugungsarbeit und ein Gespräch mit dem Busfahrer damit das klappt. Im Iran wird das Fahrrad ohne Augenzwinkern eingeladen. Als der Busbegleiter in Kashan das Gepäckfach öffnete, war da schon ein Motorrad drin! Dafür zahlt man im Iran einfach etwas mehr, meistens ein Fantasiepreis. Da das über-Land-reisen billig ist, ist das aber kein grosses Problem.

Kashan hat etwa die Grösse von Basel – darum war es mir wohl so sympathisch. Ein paar alte schöne Häuser, ein Garten irgendeines Königs und ein sehr hübscher Bazaar: Nicht zu gross, nicht zu klein. Hamid, mein Gastgeber (ein Couchsurfer), stellte mir ein eigenes Appartement zur Verfügung, waou. Dort konnte ich mich gut erholen und am Abend wurde ich dann jeweils zu ihnen nach Hause mitgenommen zum Fastenbrechen. Sie assen leicht, aber die Mutter kochte jeweils extra noch etwas handfesteres für mich.
Das Ohr tat weiter weh, ich ging wieder ins Spital. “Sie haben jetzt keine Entzündung mehr, jetzt haben sie eine Infektion.” Wieder eine doppelte Antibiotikabehandlung. Als ich das später einer Medizinstudentin aus Tschechien erzählte, war sie total erstaunt: “Was, zwei auf einmal? Die spinnen ja.” Sie war auch sehr überrascht als ich ihr klar machte, dass man hier sowie in der Türkei in der Apotheke alles kriegt was man will, mit als auch ohne Rezept.
Ich ging noch 3x ins Spital weil sie mir das Penicillin spritzen wollten. Das kostete jeweils 50 Rappen bar auf die Hand. Na, das kann man sich doch leisten.

Isfahan

Von Kashan nahm ich einen Bus nach Isfahan. Isfahan, die schönste Stadt im Iran. Sie hat viele schöne Gebäude, aber mir wurde einmal mehr bewusst, dass ich am liebsten Städte mit einem historischen Kern mag. Die Moscheen in Isfahan waren sehr eindrücklich und der Fluss ausgetrocknet… Auf jeden Fall sehenswert. Ich bin nach langem mal wieder in einem Hostel abgestiegen. Ich habe so viel Zeit mit Einheimischen verbracht, es war mal wieder Zeit ein paar Reisende zu treffen. Das Amir Kabir Hostel ist der Treffpunkt für Overlander in Isfahan. Zeitweise standen 5 Fahrräder im Hof, insgesamt traf ich 6 verschiedene Velofahrer (auch Vreni und Ueli waren wieder da),
3 Motorradfahrer sind da durchgekommen und ein Bus mit 30 Menschen der von London nach Sydney fährt. Es gab gaaanz viele Gespräche über Woher, Wohin, wo ist es schön und vor allem und immer wieder über Visas.

Shiraz

Ich habe einen Sidetrip nach Shiraz gemacht. Alle Iraner wollen das man da hingeht, aber es sind vor allem Sehenswürdigkeiten die für sie wichtig sind. Gräber ihrer Poeten (die fast den Status von Propheten haben) und Persepolis, eine historische persische Königsstadt von der nach einigen Ausgrabungen wieder einige Steine zu sehen sind. Sie sind unglaublich stolz darauf und wenn ich sage, dass ich nicht dorthin gehe, führt das zu sehr langen Gesichtern :-)

Ich war ganze 8 Nächte in Isfahan. Lange Zeit, aber ich habe einfach gemerkt, dass mein Körper die brauchte. Jetzt bin ich wieder fit. Und wieder auf dem Fahrrad, das tut gut.

Wüste

Mit Arjen aus Holland bin ich drei Tage durch die Wüste gefahren. 102 km, 123 km, 136 km.  Wüste hat bei uns in Europa einen romantischen Klang. Dünen, Kamele, Oasen. Aber das war die hässliche, reale Wüste. Nicht der Ort an den man auf einem Kamelausflug geht. Oasen sahen wir und auch Schilder die uns vor Kamelen warnten. Aber keine Kamele. Nur Ödnes, Weite, Dunst und Hitze. Zur rechten in der Entfernung eine Bergkette, zur linken nur Weite und vor uns verschwindet die gerade Strasse im Dunst. Überall Dornensträucher die von Luft und ohne Liebe leben. Trockenheit und Hitze.
kamelschild
Wir haben eine Nacht in Toudeshk, einem Wüstendorf, übernachtet – bei Einheimischen die das anbieten. Und sogar gut gegessen. Eine Nacht unter dem Sternenzelt. Trotz der Lichtverschmutzung durch die Strasse war es wunderschön, ich habe die Milchstrasse schon lange nicht mehr so klar gesehen. Und jetzt sind wir in Yazd, ein tolles Hotel, eine interessante Stadt, wieder etwas ausruhen, Sightseeing und Reisepläne machen.

Weitere Pläne

Heute abend sollten unsere Fahrradbekanntschaften aus Isfahan ankommen. Und dann geht es wohl bald gemeinsam weiter. Die Einreise nach Pakistan ist nicht ganz ohne (Nachtbus, Taxi zur Grenze, wieder ein Nachtbus), also denken wir darüber nach als Gruppe zu gehen. Den grössten Teil der Reise werden wir im Bus machen, es wird einem im Moment auch gar nicht erlaubt selber Fahrrad zu fahren. Wir sind fleissig am Pläne machen wann wer wo ist und wie wir das am besten arrangieren und ob auch alle Fahrräder in einem Bus Platz haben und solche Dinge.

“Du gehst jetzt also doch noch Pakistan?” wird wohl der eine oder andere denken. Ja, ich habe mich entschieden durch Pakistan zu reisen. Ich habe bei meinen Nachforschungen festgestellt, dass es möglich ist, die unsichersten Regionen zu vermeiden. Und die mehr oder weniger gefährlichen Strecken (Grenze-Quetta, Quetta-Multan) werde ich im Bus machen. Und dann hoffentlich von Multan nach Lahore mit dem Fahrrad fahren. Und dann ist mein Ziel Indien schon ziemlich nahe.