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Kleiderregeln

Die Kleiderregeln sind unser kleinstes Problem.

Iranische Frauen sind sich einig: Sie haben andere Probleme als die Kleiderregeln. Probleme ihre Rechte durchzusetzen. Bessere Bedingungen in Arbeit und Ehe. Doch die Kleiderregeln bleiben das offensichtlichste Zeichen, dass man im Iran ist. Und ihre Umsetzung sorgt immer wieder für stutzen. Deshalb hier trotzdem ein Text darüber. Und so gerne ich noch mehr zu der Situation der Frauen im Iran schreiben würde, ich weiss schlicht zu wenig davon.

Hejab

Hejab heisst Schleier, ist aber auch der Titel der iranischen Kleiderordnung. Die Regel ist simpel: Eine Frau soll in der Öffentlichkeit ihre Figur und ihr Haar verdecken. Das heisst praktisch: weite Hose, ein Mantel mit einer gewissen Länge und Weite, so dass er alle weiblichen Kurven inklusive Hüfte verhüllt. Plus das Kopftuch.

So simpel die Regel ist, so interpretierbar ist sie. In Teheran ist das Kopftuch weit hinten, der Mantel auch mal enganliegend und in den Städten sieht man längstens nicht nur unauffällige Hosen, sondern auch mal enge Jeans. Und unter Umständen das ganze in Rosa was wohl auch kaum Mohammeds Idee war.

Tschador

Hejab ist das eine. Aber das gibt es noch den Tschador. Tschador heisst wörtlich Zelt und das ist auch die Idee: Das sich die Frau wie in einem Zelt versteckt. Eigentlich ist Tschador nicht mehr als ein weites langes schwarzes Tuch. Manche Frauen haben sich die Öffnung fürs Gesicht so genäht, dass das Tuch nicht verrutscht, andere haben Tschador mit Ärmeln. Tschador tragen ist für Iranerinnen nur bei seltenen Anlässen Pflicht.

tschador1 Aber es gibt Orte im Iran, die sind so konservativ, dass dort alle Frauen einen Tschador tragen. Da will man nicht die erste sein, die ‘nur’ mit Hejab rumläuft. Plötzlich ist es nicht mehr das Gesetz, dass einem Kleiderregeln aufzwingt, sondern die Kultur. Und die Familie die unter allen Umständen verhindern will, dass ihr Kind als leichtes Mädchen dasteht.

Und an diesen Orten wird etwas ganz fest deutlich: Das Bedürfnis der Frauen ihre Schönheit auszudrücken. Wo die Frauen gemischt rumlaufen, sind Tschadors meistens einfach schwarz. Im Qom und Kashan gibt es dann aber plötzlich viele verschiedene Schwarz. Schwarz mit unterschiedlichen (natürlich schwarzen) Glitzerelementen drauf, sogar gestickte, also löchrige Tschadors. Und man beginnt sich zu fragen wieso nicht ein einfaches simples schwarzes Tuch getragen wird. Und dann Schuhe. Also zum Glück (für die Frauen und die Händler) hat Mohammed nichts über Schuhe gesagt!

Europa

Bevor meine Leser kopfschüttelnd denken, dass die doch alle spinnen im Iran – haben wir nicht auch ungelöste Probleme mit unserer nicht-existenten Kleiderordnung? Wenn bei 12-jährigen Mädchen die ersten Schamhaare sichtbar sind weil die Tally Weijl-Hose schlicht zu tief geschnitten ist, dann ist etwas schief gelaufen. Wir haben es auch nötig uns über Kleiderregeln Gedanken zu machen.

Gewohnheit

Und das verrückte ist wieder mal: Der Mensch gewöhnt sich an vieles. Und zwar schnell. Nach einer Woche in Qom und Kashan kam ich nach Esfahan, das wieder eine liberale Grossstadt ist, und dachte: Boah, die laufen hier ja rum.

hejab


Read on: Jan, ein anderer Veloreisender hat auch gerade von unseren Tagen und den iranischen Frauen geschrieben (auf Englisch).